Mittwoch, 30. Juni 2010

Das Problem mit der Zeit 2 - Arbeitszeiten und Siesta

Im ersten Teil habe ich bereits über die späten Essenszeiten geschrieben, diesmal geht es hauptsächlich um die Arbeitszeiten und Siesta.
Viele Besucher die aus Deutschland nach Spanien in den Urlaub kommen, kennen die Angewohnheiten und Gebräuche der Spanier nicht und sind daher meist enttäuscht oder sauer über "nicht vorhandenen Service" oder "schlechte Arbeitsmoral". Aber dem ist nicht so. Ich muss es ja wissen, denn ich arbeite ja auch in Spanien und muss daher mal für die Spanier in die Bresche springen: Die Spanier haben die längsten Arbeitszeiten in der EU - allerdings sind sie auch selbst daran schuld. Den Grund dafür hatte ich ja schon im vorigen Post genannt, nun betrachten wir einmal die Realität.

Ein normaler Arbeitstag beginnt ca. gegen 9:00 Uhr und endet meist um 20:00 Uhr, allerdings ist nicht alles davon Arbeitszeit, denn normalerweise liegt dazwischen eine Mittagspause. Die ist meistens 2 - 3 Stunden lang (bis 17 oder 17:30 Uhr) und man fährt dazu nach Hause. Obwohl es eigentlich völlig unnötig und ökonomisch eine Katastrophe ist, wälzt sich jeden Tage zur Mittagszeit eine Blechlawine nach Hause und wieder zurück. 4 mal am Tag Stress, Stau und Benzinverbrauch! Das ist nicht mehr zeitgemäß. In Zeiten der Globalisierung sollte man sich eigentlich eher an den EU Standard anpassen und arbeiten, wenn alle arbeiten!

Ich hoffe, dass sich daran bald etwas tut. Trotzdem bitte ich auch die Touristen sich an diese Situation anzupassen, denn immerhin sind sie es ja, die sich in einem fremden Land befinden. Wenn der spanische Tourist nach Deutschland kommt, dann passt er sich ja auch an und jammert nicht, dass die Geschäfte und Museen schon um 18 oder 19 Uhr zu sind, oder dass er um 15 Uhr kein Mittagessen mehr bekommt. Denkt mal darüber nach...

...außerdem, es gibt nichts besseres als eine schöne Siesta zu Mittagszeit! Früher war ich kein Mensch der seinen Mittagsschlaf brauchte, jetzt allerdings finde ich es himmlisch. Leider kann ich nicht sagen, woran es liegt. Weil ich nun älter bin? Weil ich später schlafen gehe, als in Deutschland? Weil es Mittags draußen so heiß ist, dass man sowieso nicht machen kann? Vielleicht von allem ein bisschen...

Donnerstag, 17. Juni 2010

Das Problem mit der Zeit 1 - Essenszeiten

Wir alle kennen das Phänomen wenn wir im Urlaub in Spanien sind, die Deutschen essen in ihren Hotels und kein Spanier ist weit und breit zu sehen. Und erst wenn die letzten Deutschen mit ihrem Essen fertig sind, sei es nun Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot, dann erst kommen die ersten Spanier. Das ist nicht nur im Urlaub so oder in Mallorca, das ist ein generelles Phänomen. Aber warum ist das so? Hier der Versuch einer Erklärung.

Allgemein verbreitet ist der Glaube, dass das späte Essen (Abendessen um 22 Uhr) vor allem daran liegt, dass es in Spanien abends im Sommer sehr heiß ist und man daher vorher keine Lust hat was zu essen und so die Zeit anders nutzt. Oder, dass Spanien eigentlich in einer anderen Zeitzone liegen müsste - der von England -, als der Rest von Europa und daher eigentlich später essen müsste, um sich so besser an die Sonnenscheinzeiten anzupassen.

Das alles stimmt auch ein bisschen, ist aber nicht die ganze Wahrheit. Fakt ist, dass die Spanier in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts noch die gleichen Essenszeiten hatten wie Resteuropa (ca. 12:30 Uhr), aber dann davon abgekommen sind. Was war der Grund dafür? Die Antwort: Der Bürgerkrieg und seine Folgen.

Eine dieser Folgen war, dass das Geld was der Mann von seiner Arbeit nach Haus gebracht hat nicht mehr ausreichte um die ganze Familie zu ernähren. Die Frau arbeitete damals nicht, bzw. durfte auch unter Franco nur mit der Erlaubnis des Mannes eine eigene Arbeit haben. Daher war die einzige Lösung, sich eine weitere Arbeitsstelle zu besorgen und dort am Nachmittag oder Abend noch einmal Geld zu verdienen.

Die Folgen dieser doppelten Arbeitsweise sind auch noch heute überall zu beobachten.
  • Man arbeitet Vormittags lange bis 14 oder 15 Uhr - denn die normale erste Arbeit musste beendet werden, damit später am Tag Zeit war für die zweite Arbeit.
  • Die Mittagspause ist meistens 2 - 3 Stunden lang (bis 17 oder 17:30 Uhr) - früher klar, man ging nach Hause um dann später zu einer anderen Arbeit zu fahren.
  • Man hält eine lange Siesta (Mittagsschlaf) - denn wer abends länger arbeitet, braucht auch mehr Kraft.
  • Die Mittagsmahlzeit (menu del día) ist mehr als reichlich und besteht meist aus 2 oder 3 Gängen (platos) - denn wer viel arbeitet muss auch viel essen.
  • Die "Primetime" im Fernsehen beginnt in Spanien erst ab 22 Uhr, wenn Resteuropa meist schon ins Bett geht. Filme enden meist erst gegen 0:30 oder 1 Uhr.
  • Die Partys beginnen später und der Disco-Besuch fängt in Spanien erst ab 2 Uhr nachts erst an, wenn in anderen Ländern Europas die Sperrstunde beginnt.
  • Die Nachtschlafzeit der Spanier ist Statistiken zu Folge die kürzeste von ganz Europa.
...und last but no least: Abends wird spät gegessen.

Dienstag, 15. Juni 2010

Aus aktuellem Anlass: Die Spanier und ihre "Selección"

Zwischen den Spaniern und ihrer Selección besteht eine Art Hassliebe. Eigentlich will sie keiner aber man braucht sie um international mit dabei sein zu können.

Wie der Name schon sagt, Selección (Auswahl), - Achtung: nicht equipo nacional (Nationalmannschaft)! - hat man hier eine Auswahl von Spieler aus allen Teilen des Landes. Mit dabei sind auch Spieler aus dem Pais vasco (Baskenland) und aus Cataluña (Katalonien), die eigentlich gerne ihre eigenen Mannschaften zur Weltmeisterschaft schicken würden, wie es z.B. Schottland, Wales und Nordirland machen. Aber das geht nicht. Daher müssen sie sich wohl oder übel mit der Selección begnügen, aber wenigstens verwahren sie sich dagegen, dass man das Gebilde dann noch Nationalmannschaft nennt. Nein, denn das würde zu weit gehen.

Und leider hat Spanien auch bisher immer so gespielt - super Fußballspieler spielen zusammen, aber nicht miteinander - nicht als Einheit. Aber nach dem Sieg der Europameisterschaft ist ganz Spanien vereint und verrückt nach mehr. Endlich ist man wieder wer. Endlich hat man wieder eine Mannschaft, die der Stärke der spanischen Fußballliga entspricht. Die Herzen schlagen hoch. Man erwartet viel.

Aber vielleicht ist das auch wieder ein Problem. Der Druck, der hier in den spanischen Medien aufgebaut wird, ist immens. In den Zeitungen heißt es "El mundo esta temblando..." (Die Welt zittert...) y "La ola roja..." (Die rote Welle...) und so weiter. Klar ist man stolz und die Mannschaft hat auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr vorloren, aber so etwas würde man sich z.B. in Deutschland nicht erlauben. Dort spielen wir gerne den Underdog und freuen uns erst wenn wir den Pokal in der Hand haben und die ausländische Presse wiedermal von "Überraschung", "Turniermannschaft" und "deutschen Tugenden" schreibt. Vorher wird allerdings wie immer auf Trainer und Mannschaft herum gehauen.

Na, mal sehen, wie es diesmal läuft. Wird die Selección den Druck aushalten oder wieder mal im Viertelfinale scheitern? Beim letzten mal hatte man ja von der Selección nichts erwartet und alles erreicht. Diesmal wird alles erwartet und ...