Donnerstag, 17. Juni 2010

Das Problem mit der Zeit 1 - Essenszeiten

Wir alle kennen das Phänomen wenn wir im Urlaub in Spanien sind, die Deutschen essen in ihren Hotels und kein Spanier ist weit und breit zu sehen. Und erst wenn die letzten Deutschen mit ihrem Essen fertig sind, sei es nun Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot, dann erst kommen die ersten Spanier. Das ist nicht nur im Urlaub so oder in Mallorca, das ist ein generelles Phänomen. Aber warum ist das so? Hier der Versuch einer Erklärung.

Allgemein verbreitet ist der Glaube, dass das späte Essen (Abendessen um 22 Uhr) vor allem daran liegt, dass es in Spanien abends im Sommer sehr heiß ist und man daher vorher keine Lust hat was zu essen und so die Zeit anders nutzt. Oder, dass Spanien eigentlich in einer anderen Zeitzone liegen müsste - der von England -, als der Rest von Europa und daher eigentlich später essen müsste, um sich so besser an die Sonnenscheinzeiten anzupassen.

Das alles stimmt auch ein bisschen, ist aber nicht die ganze Wahrheit. Fakt ist, dass die Spanier in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts noch die gleichen Essenszeiten hatten wie Resteuropa (ca. 12:30 Uhr), aber dann davon abgekommen sind. Was war der Grund dafür? Die Antwort: Der Bürgerkrieg und seine Folgen.

Eine dieser Folgen war, dass das Geld was der Mann von seiner Arbeit nach Haus gebracht hat nicht mehr ausreichte um die ganze Familie zu ernähren. Die Frau arbeitete damals nicht, bzw. durfte auch unter Franco nur mit der Erlaubnis des Mannes eine eigene Arbeit haben. Daher war die einzige Lösung, sich eine weitere Arbeitsstelle zu besorgen und dort am Nachmittag oder Abend noch einmal Geld zu verdienen.

Die Folgen dieser doppelten Arbeitsweise sind auch noch heute überall zu beobachten.
  • Man arbeitet Vormittags lange bis 14 oder 15 Uhr - denn die normale erste Arbeit musste beendet werden, damit später am Tag Zeit war für die zweite Arbeit.
  • Die Mittagspause ist meistens 2 - 3 Stunden lang (bis 17 oder 17:30 Uhr) - früher klar, man ging nach Hause um dann später zu einer anderen Arbeit zu fahren.
  • Man hält eine lange Siesta (Mittagsschlaf) - denn wer abends länger arbeitet, braucht auch mehr Kraft.
  • Die Mittagsmahlzeit (menu del día) ist mehr als reichlich und besteht meist aus 2 oder 3 Gängen (platos) - denn wer viel arbeitet muss auch viel essen.
  • Die "Primetime" im Fernsehen beginnt in Spanien erst ab 22 Uhr, wenn Resteuropa meist schon ins Bett geht. Filme enden meist erst gegen 0:30 oder 1 Uhr.
  • Die Partys beginnen später und der Disco-Besuch fängt in Spanien erst ab 2 Uhr nachts erst an, wenn in anderen Ländern Europas die Sperrstunde beginnt.
  • Die Nachtschlafzeit der Spanier ist Statistiken zu Folge die kürzeste von ganz Europa.
...und last but no least: Abends wird spät gegessen.

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